Kinder und ihre Borderline-Mütter

Was ist Borderline?

"Borderline" ist eine Persönlichkeitsstörung. Bei dieser Störung sind bestimmte Bereiche der Gefühle, des Denkens und des Handelns beeinträchtigt, was sich durch negatives und teilweise paradox wirkendes Verhalten in zwischenmenschlichen Beziehungen sowie in einem gestörten Verhältnis zu sich selbst äußert. Es ist sozusagen eine krankhafte, seelische Behinderung. 
 
Die Bezeichnung "Borderline" bedeutet auf Deutsch "Grenzlinie" bzw. "grenzwertig".
Man spricht von:
- Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)
- Borderline Personality Disorder (BPD)
- "emotional instabile Persönlichkeitsstörung des Borderline Typs"
  oder auch
- Borderline Syndrom (BS)
- Borderline (BL); umgangssprachlich

Die Betroffenen werden oft "Borderliner"/ "Borderlinerin" oder BL-er/ BL-erin genannt.
Manchmal bezeichnen sie sich selbst auch kurz als "Bordi".

Seit den 1980er Jahren enthält das DSM der American Psychiatric Association verbindliche Listen mit Merkmalen, die vorhanden sein müssen, damit eine psychische Störung diagnostiziert werden kann.
Das (noch) aktuelle DSM IV war 1994 erschienen und somit beruhen die Erkenntnisse auf dem Forschungsstand der 1980er Jahre.
Im Mai 2013 erscheint die fünfte Auflage des Psychiater-Handbuches.
Im Klassifikationssystem DSM-IV (gültig bis Mai 2013) wird die Borderline-Persönlichkeitsstörung wie folgt definiert:

Ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in den zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie deutliche Impulsivität. Der Beginn liegt oftmals im frühen Erwachsenenalter bzw. in der Pubertät und manifestiert sich in verschiedenen Lebensbereichen.

Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein, wenn von einer solchen Störung gesprochen wird:

  1. Starkes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden.
    Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die in Kriterium 5 enthalten sind.
  2. Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung  gekennzeichnet ist.
  3. Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung.
  4. Impulsivität in mindestens zwei potenziell selbstschädigenden Bereichen (z. B. Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, zu viel oder zu wenig essen).
    Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die in Kriterium 5 enthalten sind.
  5. Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten. 
  6. Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (z. B. hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehr als einige Tage andauern).
  7. Chronische Gefühle von Leere.
  8. Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren (z. B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen).
  9. Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome.
                                                   





Im Klassifikationssystem ICD der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Borderline-Persönlichkeitsstörung eine Unterform der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung: 

Die emotional instabile Persönlichkeitsstörung ist eine Persönlichkeitsstörung mit deutlicher Tendenz, Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen auszuagieren, verbunden mit unvorhersehbarer und launenhafter Stimmung. Es besteht eine Neigung zu emotionalen Ausbrüchen und eine Unfähigkeit, impulshaftes Verhalten zu kontrollieren. Ferner besteht eine Tendenz zu streitsüchtigem Verhalten und zu Konflikten mit anderen, insbesondere wenn impulsive Handlungen durchkreuzt oder behindert werden.
Zwei Erscheinungsformen können unterschieden werden: Ein impulsiver Typus, vorwiegend gekennzeichnet durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle; und ein Borderline- Typus, zusätzlich gekennzeichnet durch Störungen des Selbstbildes, der Ziele und der inneren Präferenzen, durch ein chronisches Gefühl von Leere, durch intensive, aber unbeständige Beziehungen und eine Neigung zu selbstdestruktivem Verhalten mit parasuizidalen Handlungen und Suizidversuchen.
Inkl.:
Persönlichkeit(sstörung):
  • aggressiv
  • Borderline
  • reizbar (explosiv)

Quelle: DIMDI ICD-10-WHO

                                                                                                    


Ein besonderes Merkmal der BPS ist, dass sie in verschiedenen Arten auftreten kann. Außerdem können sich die Symptome einer Patientin / eines Patienten über längere Zeit hinweg ändern. 

Ein bis zwei Prozent der Menschen sind von Borderline betroffen, manche ExpertInnen  schätzen die Zahlen geringfügig höher.
Von der Gesamtzahl der diagnostizierten Borderline-Betroffenen sind 25-30 Prozent Männer und 70-75 Prozent Frauen. Die Diagnose der Persönlichkeitsstörung wird in der Regel erst ab Volljährigkeit erstellt, obwohl die Diagnosekriterien (s.o.) bereits im jugendlichen Alter auftreten können. 


Ursachen der Persönlichkeitsstörung Borderline

Als Ursachen gelten:
- traumatische Erlebnisse in früher Kindheit wie psychische, physische und/oder
  sexualisierte Gewalt. (Vernachlässigung gehört zur psychischen Gewalt).
- psychische, unbewältigte Überforderungen, die z. B. durch Todesfälle nahestehender
  Bezugspersonen und ähnlich schwerer Ereignisse entstehen.

75 bis 90 Prozent der BPS-Patientinnen und -Patienten geben an, schwere Traumata erlitten zu haben, am häufigsten sexuelle und / oder körperliche Misshandlungen in der Kindheit. Zu berücksichtigen ist, das durch dissoziative Amnesien bei den restlichen 10-25 Prozent die Traumata psychisch so abgespalten sein können, das sie für die Menschen nicht mehr erinnerbar sind.

Nur in seltenen Ausnahmen konnten keine Ursachen ermittelt werden.



© Jana Reich, www.borderline-muetter.de 2012-11-24

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