Ein psychisches Trauma ist ein „vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Stimulationsfaktoren und individuellen Bewältigungsmöglichkeiten“ (Fischer/Riedesser 2009), das „mit Gefühlen der Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt“.
Fischer und Riedesser weisen daraufhin, dass neben dem Gefühl der Lebensbedrohung auch andere Bedürfnisse wie das nach Sicherheit und Orientierung „traumatisierbar“ sind.
Darüber hinaus werden zwei Traumaarten unterschieden:
Typ I - Traumen:
kurz dauernde traumatisierende Ereignisse, die durch akute Lebensgefahr, Plötzlichkeit und Überraschung gekennzeichnet sind.
Typ II - Traumen:
lang anhaltende, wiederholte Traumen wie psychische, physische und sexualisierte Gewalt im Kindesalter, Folter oder Kriegsgefangenschaft.
Entscheidend hierfür ist das Zusammentreffen sequentieller traumatisierender Einzelerlebnisse mit einer kontinuierlichen, potentiell traumatogenen Situation („traumatische Normalität“).
Unterschieden werden kann auch in
- Existenz-Trauma (lebensbedrohliche Situationen; potentielle Vernichtung; Kriegsbedingungen; bedrohlicher Mangel an existenziellen Bedürfnissen wie Essen, Trinken und Kommunikation);
- Verlust-Trauma (Tod eines Elternteiles bzw. eines Geschwisters bzw. einer engen Beziehungsperson; Todgeburt; plötzlicher Kindstod)
- Bindungs-Trauma (emotionale Vernachlässigung, psychische, physische und/oder sexualisierte Gewalt durch eine enge Bindungsperson).
Es kann eine Kombination aus den verschiedenen Traumaformen bestehen: so ist der Tod eines Elternteiles sowohl ein Verlust- wie auch ein Bindungs-Trauma.
"Die »Vernichtungsdrohung«, die den traumatischen Augenblick kennzeichnet, verfolgt das Opfer häufig noch lange, nachdem die Gefahr vorüber ist. (...) Angst, Wut und Haß des traumatischen Augenblicks leben in der Dialektik des Traumas fort. (...) Traumatische Ereignisse erschüttern zwischenmenschliche Beziehungen in den Grundfesten. Sie zersetzen die Bindungen an Familie, Freunde, Partner und Nachbarn, sie zerstören das Selbstbild, das im Verhältnis zu anderen entsteht und aufrechterhalten wird. Sie untergraben das Wertesystem, das der menschlichen Erfahrung Sinn verleiht. Sie unterminieren das Vertrauen des Opfers in eine natürliche oder göttliche Ordnung und stoßen es in eine existenzielle Krise." aus: Herman, Judith Lewis: "Die Narben der Gewalt. Traumatische Erfahrungen verstehen und überwinden", Kindler Verlag, München 1993, S. 76-77. |
Traumata...
- zerstören das Selbst / das Selbstgefühl
- bedeuten die physische, psychische und/oder moralische Verletzung / Zerstörung des Opfers
- zerstören das Grundgefühl von Sicherheit
- schaffen Schuld- und Schamgefühle
- können unbewusst (da unbearbeitet) an die nächste Generation weitergegeben werden (transgenerationale Weitergabe von Traumatisierungserfahrungen)
© Jana Reich, www.borderline-muetter.de, 2013-03-05
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